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Knut Knollennase

 

Knut Knollennase

Sobald der Tag zu Ende geht und die Nacht hereinbricht begibt sich Knut Knollennase nach draußen um nach dem Rechten zu sehen.

Knut Knollennase verlieh sich selbst das Amt des Nachtwächters. Und weil ein Nachtwächter eine wichtige Person ist, ist Knut Knollennase eine wichtige Person.

Als Nachtwächter kontrolliert er

– das alle Feuer erloschen sind,
– alle Türen verschlossen sind,
– alle Hunde an den Ketten liegen.

Und, weil Knut Knollennases Knollennase leuchtet, sobald das Licht des Mondes darauf fällt, braucht er keine Laterne um in der Dunkelheit den Nachhauseweg zu finden.

Jahrein, jahraus versieht er so mit seiner im Mondschein leuchtenden Knollennase das Amt des Nachtwächters.

Einem schwülheißen Sommertag folgt ein schwülwarmer Sommerabend, und einem schwülwarmen Sommerabend eine schwülstickige Sommernacht.

In einer schwülstickigen Sommernacht sitzen Eltern, Großeltern, Onkeln und Tanten noch lange vor ihren Häusern und schwatzen, und die Kinder sitzen zu ihren Füßen und lutschen am Daumen.

Geduldig wartet Knut Knollennase mit seinem Kontrollgang wissend, dass auch in einer schwülstickigen Sommernacht die Müdigkeit kommt und mit der Müdigkeit der Schlaf.

Nachdem der letzte zu Bett gegangen ist vergewissert sich Knut Knollennase

– das alle Feuer erloschen sind
– alle Türen verschlossen sind,
– alle Hunde an den Ketten liegen.

„Knut Knollennase“, sagt er zu sich selbst: „Da alles seine Ordnung hat kannst du dich guten Gewissens niederlegen.“

– Doch wo war sein Haus?
– Wo war seine Tür?
– Wo war sein Bett?

Es war stockfinster um Knut Knollennase. Wo war der Mond mit seinem Licht welches Knut Knollennases Knollennase zum Leuchten bringt?

Der Mond hatte längst seine Bahn gezogen. Wohl hatte es ihn verwundert, als er auf seiner Reise Knut Knollennase und all` die anderen zu nachtschlafender Zeit munter schwatzend beieinandersitzen sah. Und da niemand ihn gebeten hatte zu bleiben zog er in gewohnter Weise seine Bahn.

Und so irrt Knut Knollennase durch die dunkle Nacht

– sucht sein Haus,
– sucht seine Tür,
– sucht sein Bett.

Angst lässt ihm das Herz bis zum Halse klopfen und die Knie schlottern ihm umeinander.

– Alle Feuer sind erloschen!
– Alle Türen verschlossen!
– Alle Hunde liegen an den Ketten!

–  Niemand vermisst Knut Knollennase
– Niemand sucht nach Knut Knollennase.
– Niemand beschützt Knut Knollennase.

Bald stößt Knut Knollennase mit dem Kopf gegen etwas und bekommt eine Beule. Bald stolpert er über etwas und prellt sich den großen Zeh. Bald kratzt ihm etwas die Knollennase blutig.

„Au!“ flüstert er. „O weh, mein armes Herz klopft bis mir zum Halse und meine Knie zittern wie Espenlaub.

– Die Angst schnürt mir die Kehle zu,
– Mein Kopf hat eine Beule.
– Mein großer Zeh tut mir weh.
– Meine Nase ist zerkratzt.“

Einem Schlafwandler gleich streckt Knut Knollennase beide Arme nach vorne zeigend aus und läuft den ausgestreckten Armen hinterher.

Wie weit er so gegangen ist weiß Knut Knollennase nicht zu sagen. Aber welch ein Wunder, Genau zwischen dem rechten Daumen und dem linken Daumen gewahrt er einen Lichtschein in der Dunkelheit.

Tausend und abertausend Lichterblüten zieren einen Strauch am Wegesrand. Und sie bleiben, als Knut Knollennase die Arme herunternimmt und beide Daumen nach unten zeigen.

„Wahrlich, es ist ein Zauber!“ geht es ihm durch den Sinn.

„Bist Du der Erlkönig? Oder bist Du das Werk einer alten garstigen Hexe die auf Beute lauert? Knut Knollennase gibt sich mutig obwohl ihm die Angst im Nacken sitzt.

Natürlich kannte der Strauch am Wegesrand keinen Erlkönig wusste auch nichts von Hexen die Dinge her und weg hexen können. Und er weiß nichts von Knut Knollennase, dem Nachtwächter, der mit Beule, Schramme und gestauchtem Zeh in der Dunkelheit umherirrt und sein Zuhause nicht finden kann.

Zeit seines Lebens steht der Strauch tiefverwurzelt hier an dieser Stelle, breitet seine Zweige aus auf denen in besonders warmen Sommernächten Glühwürmchen Hochzeit feiern. Er beherbergt Vögel, Insekten, hin und wieder nagt ein Hase an seiner Rinde, und eine Horde ungezogener Wühlmäuse kitzeln ihn noch zu Tode mit ihren Schwänzen und Schnurbarthaaren an seinen empfindlichen weit verzweigten Wurzeln.

Im Herbst gibt er seine Blätter ab und nimmt das Leben aus den Zweigen um es in den Wurzeln tief in der Erde bei den garstigen Mäusen vor der eisigen Kälte des Winters zu schützen um es dann im Frühling neu zu entfachen. Dann erfreut er sich seiner Blütenpracht, speist Bienen und Hummeln und spielt mit den Schmetterlingen.

Und wenn er etwas gar nicht mag, dann sind es Störenfriede um Mitternacht. Darum reagiert er mürrisch auf den ungebetenen Besucher:

„Hallo Fremdling, nimm Dir ein Dutzend Glühwürmchen und geh deines Weges“ raunt der Strauch Knut Knollennase zu.

Dankbar verneigt sich Knut Knollennase vor dem Strauch und alle Angst, dass ihm in dieser Nacht noch Böses widerfahren könnte, ist von ihm gewichen. Wie ihm geheißen sucht er genau ein Dutzend Glühwürmchen aus, setzt sie behutsam auf seine Knollennase und lässt sich nach Hause leuchten.

Sicheren Geleites findet er so

– sein Haus,
– öffnet seine Tür
– und geht zu Bett.

 

Doris Lauck

 

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