Lyrik – mein schönstes Gedicht

Der Halligmatrose.

Der Halligmatrose.

1. „Kapitän, ich bitt Euch, laßt mich fort,
o lasset mich frei, sonst lauf ich von Bord,
ich muß heim, muß heim nach der Hallig!
Schon sind vergangen drei ganze Jahr,
daß ich stets zu Schiff, daß ich dort nicht war,
a u f  d e r  H a l l i g , d e r  l i e b e n  H a l l i g.“

2. „Nein, Jasper, nein, das sag ich dir,
noch diese Reise machst du mit mir,
dann darfst du gehen nach der Hallig.
Doch sage mir, Jasper, was willst du dort,
es ist ein so öder, armseliger Ort,
d i e  k l e i n e ,  d i e  e i n s a m e  H a l l i g.“

3. „Ach mein Kapitän, dort ist`s wohl gut,
und an keinem Ort wird mir so zu Mut,
so wohl als auf der Hallig;
und mein Weib hat um mich manch traurige Nacht,
hab so lang nicht gesehn, wenn mein Kind mir gelacht,
u n d  H o f  u n d  H a u s   a u f  d e r  H a l l i g.“

4. „So höre denn, Jasper, was ich dir sag:
Es ist gekommen ein böser Tag,
ein böser Tag für die Hallig;
eine Sturmflut war wie nie vorher,
und das Meer, das wild aufwogende Meer,
h o c h  g i n g  e s  ü b e r  d i e  H a l l i g.

5. Doch sollst du nicht hin, vorbei ist die Not,
dein Weib ist tot, und dein Kind ist tot,
ertrunken beid auf der Hallig;
auch die Schafe und Lämmer sind fortgespült,
auch dein Haus ist fort, deine Wurt zerwühlt;
w a s  w o l l t e s t  d u  t u n  a u f  d e r  H a l l i g?“

6. „Ach Gott, Kapitän, ist das geschehn!
Alles soll ich nicht wiedersehn,
was lieb mir war auf der Hallig?
Und Ihr fragt mich noch, was ist dort will tun? —
Will sterben und im Grabe ruhn
a u f   d e r  H a l l i g . d e r  l i e b e n  H a l l i g.“
 

Hermann Allmers   1821 – 1902


Quelle Deutsches Lesebuch Ausgabe B

Zweiter Teil
Dichtungen Oldenburg und Leipzig, 5. Auflage S. 77

 

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