Kinder Kurzgeschichten Weihnachten

Kaspergeschichten Teil 4

K A S P E R
Teil 4

Kasper rettet die Situation

Regnerisch und ungemütlich präsentierte sich der neue Tag. So öde wie
das Wetter war auch die Schule gewesen.

Kasper erbot sich, den alten Schuppen hinter dem Haus aufzuräumen. Ob
Gretel ihm wohl helfen mochte?

„Du bist ein guter Junge“, lobt Großmutter. „Ihr schafft im Schuppen
Ordnung und ich backe Schokoladeplätzchen.“

„Habe ich etwas verpasst? Kasper macht auf guten Jungen. Wenn das kein
Trick ist, verspeise ich zum Nachtisch einen Besen!“

„Brauchst du nicht, freue dich lieber auf Schokoladeplätzchen, dummes
Gretelchen.“

Kasper hatte einen Plan. Nach Großvaters Tod war der Schuppen das
reinste Sammelsorium. Kasper suchte unter all dem Gerümpel gezielt
nach einem Spritzenhauskellerausbruchswerkzeug.

Gretel fand zwischen Kisten und Kasten eine alte Puppe mit nur einem
Bein, ein völlig verstaubtes Dreirad und ein Portrait von Großmutter als
junge Frau.

„Schau, Kasper, unser Kasperltheater und die Handpuppen“ freute sich
Gretel. „ Die blonde Prinzessin, das böse Krokodil, König und Königin,
Großmutter und Gretel, hier der Gendarm, das Kasperl und der Räuber.“

Gretel bekam einen Nießanfall von dem aufgewirbelten Staub. Und Kasper
war fündig geworden. Im unteren Regal stand Großvaters Werkzeugkasten.

„Man müsste ihn nur aufbekommen“ murmelt Kasper vor sich hin.

„Ich würde es als Schatzsuche bezeichnen“, lachte Großmutter. Sie stand
schon eine Weile in der Tür.

„Schau Großmutter, wie schön du warst. Warum steht das Gemälde hier
im Schuppen herum?“

„Das ist eine lange Geschichte. Es war ein Geschenk von Zacharias
Simsala, was Großvater so sehr erzürnte, dass ich es freiwillig nach hier
verbannte.“

„Zacharias Simsala mochte dich schon immer“. „Ja, und ich mochte
Großvater. – Kinder kommt, ihr könnt morgen weiter auf Schatzsuche
gehen, die Schokoladeplätzchen wollen aufgegessen werden.“

Kasper konnte in dieser Nacht keinen Schlaf finden. Seine Gedanken
kreisten um den Werkzeugkasten, und er grübelte nach einem Weg, das
verrostete Schloss zu öffnen.

Leise öffnete sich die Tür zu Kaspers Zimmer. Gretel huschte herein und
kroch zu ihm unter die Decke. „Kasper, ob sich mit meiner Haarnadel das
Schloss öffnen lässt?“

Kasper überlegte kurz. „Das könnte gehen. So machen wir es: morgen,
nach der Schule pflückst du einen dicken Blumenstrauß, ich wickle deine
Haarnadel und die abgebrochene Feile aus dem Schuppen in mein
Taschentuch. Damit gehen wir zum Spritzenhaus. Während du dem
Gendarm die Blumen bringst und ihn um Entschuldigung bittest für
unser Gejaule mit der Mundharmonika, schleiche ich mich ums Haus
und werfe die Feile und die Haarklammer in den Lichtschacht.“

Und genau so machten sie es.

Noch am selben Tag erschien Zacharias Simsala gesund und in bester
Laune bei Großmutter umarmte sie und überreichte ihr ein Dokument.
Hierin stand geschrieben:

Das heute, am 22ten November im Jahre des kleinen Löwen geborene,
männliche Kind wird auf den Namen

Kasper – Nikolaus – Maximilian – Hieronymus

getauft.

mit Amtssiegel und Unterschrift

Nun war Kasper rechtmäßig:

Kasper – Nikolaus – Maximilian – Hieronymus

und die Dynastie Kaperanien war gerettet.

Der im Spritzenhauskeller Eingekerkerte war Zacharias Simsala.
Der Gendarm hatte ihn überrascht als er in der Amtsstube im
Spritzenhaus das Amtssiegel entwendete. Er überwältigte ihn
und inhaftierte ihn im Keller.

Um seine Befreiung machte Zacharias Simsala. ein riesen Geheimnis.

Und Kasper dachte bei sich: „Den Hotzenplotz befreie ich ein andermal“.

Doris Lauck – Senioren Allüren
Illustration Roswitha Diefenbach

You Might Also Like

No Comments

    Leave a Reply