Ein alter Mann mit Namen Nikolaus
Viele Jahre sind gekommen und gegangen,
und immer wieder aufs Neue
wechseln Sonne und Mond –
wechseln Frühling und Sommer –
wechseln Herbst und Winter.
Und tagein und tagaus sitzt ein alter Mann mit Namen Nikolaus
in seinem Lehnsessel am Fenster im Hinterhaus der Engelsburg,
zupft seinen Bart zurecht, kratzt sich nachdenklich am Kopf,
kraust die Stirn und fragt sich bangen Herzens:
“Habe ich einen Fehler begangen?
Ist mir ein Versehen unterlaufen?
Bin ich zu alt?
Tauge ich nicht mehr für die Arbeit eines Weihnachtsmannes?“
Besorgt richtet er das Fernglas auf die Erde. Was mag wohl schief
gelaufen sein bei den Menschen dort unten?
Fragen über Fragen türmen sich auf.
Gewiss – er ist alt geworden, seine Augen sind müde und eine
Brille könnte von Nutzen sein.
„Vielleicht sollte ich über die Anschaffung einer Brille nachdenken“
– und er lächelt und erinnert sich der Späße der Engel, wenn sie
ihn foppen und er sie aufgrund seiner Kurzsichtigkeit verwechselt.
„Ich sollte den Mond besuchen und mich mit ihm besprechen.
Wozu hat man Freunde?“
Der Mond ist ein alter lieber Freund von Nikolaus, von Knecht Ruprecht
und der ganzen Engelschar.
Und so macht sich der Nikolaus auf den langen beschwerlichen Weg
zum Mond.
Ausgerechnet eben zu dieser Zeit befindet sich der Mond auf Fernreise,
und die nutzt er gerne dazu, sich zu erholen. Die alltäglichen Strapazen
der Verpflichtung die Erde im Gleichklang zu halten zehren an seinen
Kräften. Er tut wahrhaftig sein möglichstes trotz der Widerwärtigkeiten,
die sich da unten abspielen.
Gott hat dem Menschen einst vertraut und ihm ein Höchstmaß an Macht
gegeben. Doch alle die guten Gaben haben sich an den verschiedensten
Stellen ins Gegenteil verwandelt mit dem Ergebnis, dass Fehlentscheidungen
Schäden verursachen.
Der gute alte Mond teilt die Sorgen von Nikolaus. Und so sitzen die beiden
alten Männer mit sorgenvollen Mienen im Mondgarten auf der Bank und
grübeln über eine Lösung nach.
Sie versinken in Erinnerungen und plaudern über die gute alte Zeit.
„Weißt du noch, lieber Freund, als Peterchen mit Anneliese die gefährliche
Reise zu dir wagte um des Marienkäfers Beinchen zu suchen“
wendet sich Nikolaus an den Mond.
„Ja, ja Peterchen und Anneliese und ihre Puppe schafften es bis zu mir
herauf und alles ging gut aus. Sie fanden das Beinchen von dem verletzten
Marienkäfer und ein guter Arzt implantierte es erfolgreich und alle waren
glücklich.“
Glückliche Kinder wünschen sich Mond und Nikolaus. Aber wie können
Kinder glücklich sein, wenn Erwachsene Kriege führen und Leid über sie
bringen?
„Die Kinder! Mensch – Mond, das ist es!
Wir Alten müssen den Kindern klar machen wie sie untereinander
miteinander befreundet spielen, singen, tanzen, basteln und sich in Liebe
und Güte annehmen.
Schenken wir den Kindern zu Weihnachten gute Gedanken, Klugheit und
Wertschätzung für einander.“
„Das ist es“, nickte der Mond zustimmend, „und warum sind wir nicht früher
drauf gekommen?“
Zufrieden und glücklich trat der Nikolaus den Heimweg an. Ihm konnte es
nicht schnell genug gehen nach Hause zu kommen, die guten Gedanken
über die Geschenke auszuschütten und die Weihnachtspäckchen zu segnen.
So kam es, dass auf jedes Kind beim Öffnen der Päckchen der Segen
niederging und Weihnachten zu einem besonderen Fest wurde.
Auch Dein Geschenk ist vom Nikolaus gesegnet. Du spürst es, wenn du die
Hände auf dein noch verpacktes Geschenk legst, die Augen schließt,
drei mal tief atmest – dann die Augen öffnest und langsam und bewusst
die Verschnürung löst – und das Geschenk öffnest.“
Doris Lauck
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